Mit einem „Bluff“ zur 3-fach-Halle? Die Stadtratssitzung vom 10.Juni

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Im Gegensatz zu manch vorangegangener Stadtratssitzung war die Sitzung vom 10.Juni alles andere als vergnügungssteuerpflichtig. Bei tropischen Temperaturen beneideten die allesamt korrekt „behosten“ Stadträte den mediterranen Bekleidungsstil der mehrheitlich männlichen Zuschauer: Kurze Hose, Schlapfen und Schlapperhemd. Das südlich anmutende Outdoor-Flair, der zahlenmäßig mehr als üblichen Besucher, hielt den Stadtrat freilich nicht davon ab, sich unter dem ersten Punkt der Tagesordnung mit einer Indoor-Investition zu beschäftigen. Wie halten wir es mit der Beteiligung an einer 3-fach-Turnhalle?

Dieser Erste, von insgesamt 9 Punkten auf der Tagesordnung, beschäftigte das Gremium gut die Hälfte der Dauer der öffentlichen Stadtratssitzung. Und wurde mit einer vermeintlichen Überraschung eingeleitet. Der Bürgermeister setzte das Stadtratsgremium davon in Kenntnis, Stadtkämmerer Hans Thaller habe in unermüdlicher Suche doch noch eine „Zuschuss“-Quelle für den von Geisenfeld zu tragenden Teil der Turnhalle gefunden. Bei näherer Betrachtung entpupte sich die Quelle zwar nur als unter der Oberfläche „geortet“ aber noch nicht als gebohrt. Hatte man dem Kämmerer noch Ende vergangenen Jahres von zuschussgebender Seite bedeutet, was Geisenfeld da mit dieser Halle plane, sei nicht bezuschussungsfähig, so sollte das plötzlich ab Donnerstag Vormittag eventuell doch anders sein. Ein nicht genauer zu benennender „Irgendjemand“ aus einer nicht genannten, ranghöheren Amtsstube will eine eventuelle Zuschussfähigkeit erkannt haben.

„Wer stellt diesen Zuschuss in Aussicht?“

„Wo sitzt dieser Jemand?“

„Wie viel Zuschuss gäbe es?“

Auf diese Fragen gab der Bürgermeister immer nur eine Antwort:

„Nix genaues woas ma ned“.

Und doch führte dieses „Nichtwissen“ nicht dazu, 15 von diesmal nur 20 anwesenden Stadträten von einer Zustimmung abzuhalten. Die kompletten Fraktionen der CSU, der USB und Günter Reith, als einziger aus der FW-Fraktion, stimmten für die Baubeteiligung.

Der Mehrheit der Fraktionsmitglieder der Freien Wählern (5- Stadtrat Josef Rockermeier fehlte) waren die Argumente „zu dünn“, um bei diesem Beschluss positiv mitgehen zu können. Ein ums andere Mal versuchten sie in der Debatte entweder von Bürgermeister oder Kämmerer tragfähige, ihre Meinungsbildung positiv befördernde Argumente zu erfragen.

„Wir haben jetzt von einigen Rednern gehört, wir können uns diese Hallenbeteiligung leisten. In unserer Runde sitzt doch heute auch der Kämmerer“, brachte sich Stadtrat Alfons Gigl in die Debatte ein. „Wer, wenn nicht er, könnte uns über die städtischen Finanzen besser Auskunft geben. Herr Thaller, können wir uns die Beteiligung an der Halle wirklich leisten?“

Kämmerer Hans Thaller, der sich bei Stadtratssitzungen selbst nicht zu Wort melden darf, nun aber von einem Stadtrat direkt zur Beantwortung einer Frage aufgefordert wurde, durfte die Antwort nicht verweigern. Unter den missbilligenden Blicken des Bürgermeisters erinnerte der städtische Kassenwart -und von Amts wegen einzig sachlich befähigter Fachmann im Rathaus– an seine mahnenden Ausführungen anlässlich der Haushaltsverabschiedung.

„Ich habe schon in meiner damaligen Rede zum Haushalt gebeten, von Dingen, die im aktuellen Haushalt nicht geplant sind, Abstand zu nehmen“ stellte der Kämmerer fest. „Die neuesten Mitteilungen des Städte- und Gemeindetages zeigen einen Absturz der Steuereinnahmen im ersten Quartal diesen Jahres“. Zur Zeit müsse Geisenfeld sogar Gewerbesteuer zurück zahlen. Er sei insgesamt skeptisch , jedoch könne man, wie immer, erst am Ende des Jahres genaues sagen. „Wir haben zwar jetzt das Geld, aber werden uns später gewisse Dinge nicht mehr leisten können“, gab Geisenfelds Kämmerer abschließend zu bedenken.

Was Bürgermeister Christian Staudter, vermutlich nach einem tiefen Blick in eine imaginäre Kristallkugel, zur Bemerkung veranlasste: „Wir werden am Jahresende die Haushaltsansätze bei der Gewerbesteuer überschreiten“. Und weil es gerade schön zu passen schien, legte er noch eine Überzeugung drauf: „Ich bin überzeugt davon, dass wir den avisierten Zuschuss für die Halle bekommen!“.

Altbürgermeister Josef Alter, der in persönlichen „Überzeugungen“ keinen Schutz vor Fehlinvestitionen erkennen konnte, versuchte es mit dem Vorschlag, er könne der Baubeteiligung zustimmen, wenn „im Beschluss steht: Gebaut wird nur vorbehaltlich der Bezuschussung“. Der Bürgermeister schien den Vorschlag überhört zu haben. Jedenfalls ging er nicht darauf ein.

Da an diesem Donnerstag ein Beschluss unbedingt her musste, konnte er auch keinerlei Ausstiegsoptionen zulassen. Das Landratsamt, das als oberster Planer der Turnhalle den Geisenfelder Stadträten bereits eine zusätzliche Bedenkzeit von 3 Wochen einräumte, drängte mit Macht auf eine abschließende Entscheidung.

Es gab also für die Stadträte nur „Hop oder Top“. Aber kein „Vielleicht“ mehr. Derartig unter Druck, dürften zumindest einige der Stadträte aus der CSU-Fraktion, deren Zustimmung nur durch den „imaginären“ Zuschuss befördert wurde, etwas übersehen haben:

Geisenfeld baut jetzt zwar mit an einer 3-fach Halle, für die es aber nach wie vor keinen Zuschuss wegen des fehlenden schulischen Bedarfs geben wird.

(die angeblich nun doch, eventuell, vielleicht, hinter einer Nebelwand verborgene Bezuschussung wurde vom Bürgermeister dahin gehend begründet, das nun eine Halle gebaut werde, die im Gegensatz zur bestehenden Halle, die derzeit üblichen Ausmaße habe. Denkt man dieses Argument zu Ende, würden 99% der bayerischen Kommunen sofort ihre, den heutigen Standards nicht mehr genügenden Hallen durch einen Neubau ersetzen. Der Freistaat Bayern würde ja dieses unsinnige Treiben -wie jetzt in Geisenfeld vermutet- mit Zuschüssen unterstützen. Der arme Thor aus der übergeordneten, imaginären Amtstube, der für Geisenfeld „angeblich“ eine Bezuschussung erkannt haben will, dürfte die längste Zeit für etwas verantwortlich gewesen sein)

Womit man viele Geisenfelder Stadträte zur Zustimmung bewegen konnte, nämlich diese Halle zur „Mehrzweckhalle“ für Geisenfeld aufzurüsten, das wurde komischerweise nicht beschlossen. Hierbei gibt es erneut nur das Prinzip Hoffnung.

Gelingt es dem Planer der 3-fach-Halle nicht, in der Baugenehmigung die Nutzung als Versammlungsstätte, mit zum Beispiel jährlich 10 Veranstaltungen unterzubringen, (z.B. Emissionsschutzauflagen) würde die von Geisenfeld zu tragende Aufrüstung (600 Tsd bis 700 Tsd Euro) auf tönernen Füßen stehen. Sobald sich nur ein einziger Anwohner an dem „Mehrzweckhallenbetrieb“ stören würde, müsste er keine Veranstaltung mehr „dulden“. Angesichts der absehbaren Parkplatzsituation, und der sich daraus ergebenden Anwohnerbelästigung, stehen heute schon Anwohner in den Startlöchern, um dem Treiben ein Ende zu setzen.

Im seit Mittwoch laufenden Gerichtsverfahren gegen den suspendierten Paffenhofener Landrat Josef Schäch, ermahnte der Vorsitzende Richter, Martin Rieder, einzelne Gemeinderäte, sie jonglierten nicht mit eigenem Geld, sondern mit dem Geld der Steuerzahler. Diese könnten erwarten, dass man damit sorgfältigst umgeht. Dies sei in Wolnzach augenscheinlich nicht geschehen, die Gemeindeordnung offenbar nur als lästiges Vehikel angesehen worden.

Ob man in Geisenfeld nun mit dem Geld der Bürger leichtfertig „jonglierte“, als 15 Stadträte für die Beteiligung am Bau der 3-fach-Halle votierten, wird sich demnächst zeigen.

Wenn es schlecht läuft, wird man für Geisenfeld nur eine weitere, nicht wirklich benötigte Turnhalle bekommen. Aber keine, wenn auch zweifelhafte Mehrzweckhalle und keinen Zuschuss.

Es wird auch den 2 oder 3 Stadträten aus der CSU-Fraktion nichts helfen, wie am Tag nach der Sitzung angedeutet, bei einem eventuell ausbleibenden Zuschuss von „Vertrauensmissbrauch, Täuschung und sogar Betrug“ zu reden. Alle Karten lagen am Donnerstag bei der Abstimmung gegen 19:43 Uhr auf dem Tisch. Wer Augen hatte um zu sehen, und Ohren hatte um damit zu hören, konnte selbst die „Bluffer“ und ihre „Bluffs“ eindeutig erkennen.

Für 15 Stadträte gäbe es keinerlei Ausflüchte, um sich hinter einer vermeintlich bösen Verwaltung zu verstecken.

Wie gesagt, wenn es schlecht läuft für Geisenfeld!

In der zweiten Hälfte der öffentlichen Stadtratssitzung wurden nur noch einstimmige Beschlüsse gefasst. Bebauungs- und Flächennutzungspläne geändert, Radwege aus der Planung genommen, Aufträge vergeben und ein Zuschuss über 800 Euro an das Caritas-Zentrum Pfaffenhofen erteilt. 2. Bürgermeisterin und Rektorin der Volks- und Hauptschule Geisenfeld, Gabriele Bachhuber, bat die Stadträte, bei Gelegenheit in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass es durch die laufende Sanierung des Schulgebäudes „keinerlei Benachteiligung für die Schüler“ geben würde.

(Siehe dazu hier: „Keine Beeinträchtigung des Schulbetriebes„, Rektorin Bachhuber im Wortlaut)

Die Zuschauerplätze hatten sich zuvor schon weitgehend geleert. Auch ein, an einem Tagesordnungspunkt besonders interessiertes Geisenfelder Ehepaar war darunter. Von ihnen erwartet die Verwaltung, wegen einer städtischen Baumaßnahme etwas von ihrem Grund abzutreten.“Wenns des ham wolln, dann müssens uns dafür am anderen Ende unseres Grundstücks aber des Teil wieder dranhängen“ flüsterten die beiden alteingesessenen Geisenfelder.

Ob die beiden ihre rigorose Haltung gegenüber der Verwaltung aufrecht erhalten würden, wenn sie auch einen Tagesordnungspunkt aus dem „nicht öffentlichen“ Teil der Stadtratssitzung gekannt hätten?

Dort ging es –der Verfasser muss das jetzt so schreiben– dem Vernehmen nach, unter anderem um eine Peinlichkeit. Um nicht zu sagen um einen Willkürakt der Geisenfelder Verwaltung gegen einen Grundstücksbesitzer!

Darüber wird „Bürgersicht“ zu einem späteren Zeitpunkt berichten.

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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